Die Grosse Hoforgel

Mark Twain am Hoforgelkonzert

"Die Hofkirche ist wegen ihrer Orgelkonzerte berühmt. Den ganzen Sommer lang strömen die Touristen gegen sechs Uhr abends in diese Kirche, bezahlen ihren Franken und lauschen dem Lärm. Sie bleiben nicht, um alles zu hören, sondern stehen auf und trampeln über den hallenden Steinfußboden hinaus, wobei sie Zuspätkommenden begegnen, die geräuschvoll hereinpoltern. Dieses Hin- und Hergetrampel dauert fast die ganze Zeit über an und wird durch das ständige Türenschlagen und das Husten, Bellen und Niesen der Menge noch unterstrichen.

Unterdessen tost und kracht und donnert die Grosse Orgel dahin und tut, was sie nur kann, um zu beweisen, daß sie die grösste und lauteste Orgel Europas ist, und dass eine kleine enge Kiste von Kirche der günstigste Ort ist, um ihre Gewalt abschätzen und würdigen zu können.

Es ist wahr, daß gelegentlich leise und barmherzige Stellen vorkamen, aber das Trapptrapp der Touristen gestattete nur dann und wann gewissermaßen einen flüchtigen Blick davon zu erhaschen. Dann liess der Organist gleich wieder eine neue Lawine los."

Mark Twain, Bummel durch Europa (1878) Ges. Werke III, München 1966, S. 805

Grosse Hoforgel Vogelperspektive
Schilling_

Geschichtliches zur Grossen Hoforgel

Für die gotische Vorgängerkirche sind schon früh Orgeln quellenmässig belegt. In den Jahren 1378 und 1433 wird eine Organistenpfründe erwähnt. Zwei Orgeln sind in dieser Zeit bekannt, wobei die eine aus dem Jahre 1429 stammt.

Die Chorherrren bitten die Stadt im Jahre 1488 um einen Beitrag an ein neues Orgelwerk und erhalten dafür 50 Gulden. Dieses Instrument von 1429 war im nördlichen Seitenschiff über der Pforte zur Kapelle unserer Lieben Frau aufgestellt.

1472 findet die Organistenpfründe, die wie damals üblich von einem Geistlichen versehen wurde, wiederum Erwähnung.

Das zweite grosse Orgelwerk wurde 1534 um 8000 Gulden über der „Vortili“ an der Westwand des Mittelschiffes erbaut. Es war eine Orgel mit Hauptwerk, Rückpositiv und Pedal.

Werner Endner 29.12.2005

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"Die Orgeln der Hofkirche Luzern"

Die Broschüre ist hier als pdf zum Herunterladen oder als Druck beim Sekretariat erhältlich.

Text und Layout: Dieter Utz
Bilder: Orgelbau Kuhn AG und Nique Nager, Luzern

Herausgeber: Verein der Orgelfreunde der Luzerner Hofkirche

Preis: CHF 5.00

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Die Grosse Hoforgel (1648-2015)

1640 von Hans Geisler erbaut und 1862 von Friedrich Haas erweitert, wurde 1972-1977 durch Orgelbau Kuhn umgebaut, restauriert und vergrössert.

Im Orgelprospekt von 1640 steht die grösste (10,7 Meter) und schwerste (383 kg) Orgelpfeife der Welt aus ihrer Zeit. Das Gesamtgewicht der Orgel beträgt etwa 30 Tonnen.

Die 7374 Pfeifen verteilen sich auf 111 Register (Klangfarben) und sind auf Schleifladen (Fernwerk und Echowerk: Kegelladen) in fünf Manualwerke und das Pedal gegliedert.

Im Fernwerk integriert steht die weltweit einzige, bekannte Regenmaschine (Blech-Holztrommel mit Metallkugeln), 1862 durch Friedrich Haas erbaut, original erhalten. In der heutigen Hoforgel wurden 19 Register aus dem Bestand Johann Geisler (Orgelmacher aus Salzburg 1648) verwendet; 50 Register sind aus dem Bestand Friedrich Haas 1862, Orgelbauer aus Kleinlaufenburg-Basel, später Luzern: damit sind beinah 2/3 der Register aus historischen Beständen.

Das Hauptgehäuse und die Schnitzereien aus Eiche stammen von Niklaus Geisler Luzern (1640). Das Gehäuse des Rückpositives wurde 1972 rekonstruiert. Das Gehäuse des Echowerkes entstand 2015, gestaltet von Andy Raeber.

Die drei, von Friedrich Haas 1862 erbauten, durchschlagenden Zungenregister wurden im Jahre 2001 restauriert und in die Tonhalle (Fernwerk) eingebaut. Es handelt sich dabei um romantische Klangfarben, die dem Harmonium oder der Handorgel ähnlich sind. Die kunsthandwerkliche Güte dieses Pfeifenmaterials wird als einzigartig eingestuft; eine Kopie der durchschlagenden Zunge in der Thalwiler Haas-Orgel basiert auf dem Original der Luzerner Hoforgel.

Mit dem 2015 eingeweihten Echowerk sind nun - nebst neuen - vor allem die sauber dokumentierten, bestens erhaltenen historischen Pfeifenbestände (1862, 1898, 1919) ebenfalls wieder in die „Orgelarena“ der Hofkirche zurückgeführt worden. Die Erhaltung dieser über 150-jährigen Pfeifenschätze ist doch am besten sichergestellt, wenn sie eingebaut in ein Orgelwerk in Funktion stehen. Damit erfüllt das Echowerk nebst der musikalischen auch die denkmalpflegerische Aufgabe, historische Substanz auf bestmögliche Art zu erhalten. Und dank des modernen Gehäuses in Holz und Glas dienen diese wertvollen Pfeifen sogar dem Anschauungsunterricht. Effekt-Register wie Zimbelstern, Bätruef, Sennschellen und Alphorn zeigen historisches, vor allem aber auch Lokal-Kolorit, sind doch tradierte Gebete wie der Alpsegen in unseren Landen gang und gäb!

Luzern 2015 | Wolfgang Sieber

Galerie der Grossen Hoforgel